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24
September
KURZGESCHICHTE: DAS RESTLICHE LEBEN
Sie drehte die kleine Handtasche auf den Kopf. Der Inhalt ergoss sich über den Tisch. Ihr Lippenstift, samtrot, mit dem sie unzähligen Männern den Kopf verdreht hatte, rollte bis ans Ende der Tischplatte, kippte vornüber und blieb unbeachtet auf dem Boden liegen. Ihr stumpfer Blick durchwühlte die Utensilien. Eine Bürste, das winzige grüne Portemonnaie - das letzte Geld war schon lange ausgegeben -, die gesperrte Kreditkarte, ein paar verbogene Haarnadeln, zwei schwarze Haargummis, Puder und ein Präservativ. Nicht viel und keine große Wahl. Der einzige Gegenstand von Nutzen war das Präservativ, ungebraucht und in der Plastikverpackung verhüllt versprach es zumindest ein warmes Abendessen und eine Nacht ausschlafen mit einem unrasierten, ungewaschenen Mann. Eine kleine Hoffnung.
Sie bestellte sich einen Gin Tonic, nicht wissend, wie sie ihn bezahlen sollte. Die Bedienung nahm die Bestellung auf und ging davon. Ihre Hände wurden feucht. Sie hatte natürlich den Blick bemerkt, mit der die Bedienung sie abschätzte, angefangen von den hochhackigen Schuhen, über die Strümpfe, der schmutzige und zerrissene Rock, die viel zu weit ausgeschnittene Bluse, bis zum verschmierten Make-up. Auf der Toilette spritzte sie sich etwas Wasser ins Gesicht. Zum ersten Mal bemerkte sie die Augenringe, die sich tief in ihr Gesicht gebrannt hatten. Sie versteckte ihr alterndes Gesicht hinter viel Puder, setzte sich mit überschlagenen Beinen an den Tisch zurück und schnorrte sich von einem jungen, blauäugigen Mann eine Zigarette.
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