letzte Kommentare / wie recht sie haben,... pappnase | |
22
November
VOLKSBEGEHREN NICHTRAUCHERSCHUTZ
21
September
FÜR DIE WAHL GEQUÄLT - BERICHT EINES EHEMALIGEN NICHTWÄHLERS
Ich bezichtige mich gewählt haben zu wollen. Jawohl, ich habe es wirklich getan und wie schwer ist es mir gefallen, als passionierter Nichtwähler die Kreuze auch an die richtige Stelle zu setzen.
Hätte ich ein Orakel gehabt, ein leichtes wäre es gewesen, die nichts sagenden Aussagen der Parteien zu durchleuchten und auf den nichtvorhanden Kern der Wahrheit vorzustoßen. Stattdessen habe ich Vroni, den Goldfisch meiner Großmutter, in das Waschbecken umgesiedelt, das Wasser restlos entleert und das Glas umgedreht auf den Küchentisch gestellt. Anschließend das Licht gelöscht und in die präparierte Pseudowahrsagekugel gestarrt, die ich von innen mit einer bunt leuchtenden Farb-LED illuminiert habe. Ich war also auf der Suche, ja nach was eigentlich? Der Wahrheit? Wahrheit und Politik, das sind zwei Pole, die sich mit aller Gewalt abstoßen. Die Zukunft? Die Gegenwart ist schon grausig genug, was hätte ich dann mit der Zukunft angefangen. Es musste was besseres geben. Der Goldfisch war mittlerweile verschwunden. Ich hatte den Stöpsel vergessen. Blöd auch. In ein Goldfischglas starren, nein das brachte es nicht. Ich beschloss, einen rituellen Wahlzauber durchzuführen, den ich mir im Internet ergoogelt hatte. Warum nicht. Nachdem ich halbnackt, das notwendigste hatte ich mit einem selbstgehäckelten Lendenschurz verhüllt, viermal im Indianerstyle mit Feder im Haar um den Tisch gehüpft war und anschließend wie ein Frosch quakend, auf einem Stuhl wilde, unrhythmische Bewegungen mit meinen Armen vollführt habe, ließ ich die sehr aufwändige Methode sein. Vor dem Fenster bekamen die Nachbarn schon lange Hälse. Es half alles nichts. Tiefsinnig stierte ich auf das Blatt und wartete. Vielleicht würde es irgendwann zu reden anfangen. Mittlerweile hatte die Sonne den Horizont geküsst und war untergegangen. Als nach mehreren Stunden immer noch nichts passiert war, wurde ich ungeduldig. Eine Hitze wallte in mir auf. So musste sich Horst Seehofer in einer der endlosen Kabinettssitzungen fühlen, wenn er sich in Rage geredet hatte. Ich drosch den Kugelschreiber gegen die Wand. Er traf mit der Spitze zuerst auf, blieb für einen kurzen Moment im Rigips stecken und viel auf den Boden. Aus dem Loch, das ich zurück gelassen hatte, rieselte der Putz auf den Parkettboden. Ich gab auf. Heute würde ich jedenfalls kein Kreuz mehr machen. Vielleicht morgen. Den Seinen gibt es der Herr im Schlaf, heißt es. Ich kann nur hoffen, der Göttliche hat heute Nacht ein Einsehen mit mir, seinen armen, ehemaligen Nicht-Wähler.
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